ÖAAB-FCG-Fraktion
in der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark
4. Vollversammlung am 6. Mai 2021
ANTRAG 1
Steuerlicher Absetzbeitrag für Ehrenamt
In der Steiermark engagieren sich mehr 550.000 Personen freiwillig. Das entspricht in etwa jeder zweiten Steirerin bzw. jedem zweiten Steirer. Das ist im internationalen Vergleich ein sehr hoher Anteil.
Ehrenamtliches Engagement gehört gestärkt und vor allem wertgeschätzt. Wir dürfen nicht müde werden, immer wieder auf die positiven Seiten aufmerksam zu machen. Arbeitgeber sehen teilweise das Ehrenamt kritisch, da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu viel Zeit für das Ehrenamt aufwenden könnten. Gerade freiwilliges Engagement bringt viele Qualitäten mit sich, die gerade jetzt im Beruf durch den Wandel in der Arbeitswelt von großem Vorteil sind: Teamfähigkeit, Empathie, Organisationstalent und Führungskompetenzen sind Fähigkeiten, die man bei freiwilligem Engagement erlernt und festigt.
Nach dem Vorbild Deutschland, hier gibt es einen steuerfreien Betrag in der Höhe von 840 Euro pro Jahr, möchten wir auch in Österreich „Freiwillige“, die für ihr Ehrenamt Aufwendungen haben, entlasten. Es soll möglich sein, dass beispielsweise Materialkosten, Reisekosten oder für den Verein geführte Telefongespräche steuerlich absetzbar sind. Gleiches soll auch für Betriebsräte und Personalvertreter gelten, die im Zuge ihrer Tätigkeit Aufwendungen haben.
Die AK Vollversammlung fordert den Gesetzgeber und die Bundesregierung auf, einen steuerlichen Absetzbetrag für ehrenamtliches Engagement einzuführen.
ANTRAG 2
Anspruchsvoraussetzungen für die Pendlerpauschale erleichtern
Die Pendlerpauschale wird sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, dann in voller Höhe ausbezahlt, wenn die Pendlerin oder der Pendler im Monat mindestens an 11 Tagen von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt.
Nunmehr hat sich vor allem im Bereich der Angestellten die Arbeitssituation geändert, vielfach wird jetzt in Homeoffice gearbeitet wird. Laut Umfragen wollen die meisten Beschäftigten auch nach Corona weiter zwei bis drei Tage in der Woche Homeoffice arbeiten. Damit bleiben die Beschäftigten mit den KollegInnen im Betrieb in Kontakt, und auch arbeitstechnisch verlieren so nicht den Anschluss. Aus arbeitspsychologischer Sicht ist es sinnvoll einen Mix aus Homeoffice und betrieblicher Arbeit aufrechtzuerhalten. Bislang ist es auch von den gesetzlichen Regelungen her gewährleistet das auch jene Mitarbeiter die Corona bedingt in Homeoffice arbeiten auch weiterhin die Pendlerpauschale beziehen können, diese Regelung ist jedoch befristet bis zum 30.6.2021.
Viele PendlerInnen sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und oftmals Jahreskartenbesitzer oder haben Fixkosten, weil sie ein Fahrzeug für den Weg zur Arbeit benötigen. Damit die Betroffenen, welche in Homeoffice arbeiten keine finanziellen Nachteile erleiden, wäre es wünschenswert die volle Pendlerpauschale bereits ab 9 Pendeltagen im Monat zu gewähren. Auch die übrige aliquotierte Staffelung sollte gesenkt werden. Das heißt, PendlerInnen, die zwischen 6 und 8 Tagen pro Monat pendeln, sollen 2/3 der Pendlerpauschale erhalten. Pendler mit Fahrten an 3 bis 6 Tagen pro Monat sollen noch 1/3 der Pauschale beanspruchen können.
Die AK Vollversammlung fordert Gesetzgeber und die Bundesregierung auf, die Pendlerpauschale auf die neuen Gegebenheiten in der Arbeitswelt einzustellen und die Voraussetzungen für den Bezug der Pendlerpauschale von den 11 erforderlichen Fahrten zur Arbeit auf 9 Fahrten pro Monat zu reduzieren und die übrige Staffelung der aliquotierten Pendlerpauschale ebenfalls anzupassen.
ANTRAG 3
Home-Office Maßnahmenpaket soll auch bei dislozierten Arbeiten möglich sein
Gerade die Corona-Krise zeigt, dass Home-Office in vielen Bereichen der Arbeitswelt sehr gut funktioniert hat. Im Hinblick auf die betriebliche Infrastruktur, besonders Schulungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreffend, konnten viele Aspekte in kurzer Zeit umgesetzt werden. Früher hätte dies 3-5 Jahre in Anspruch genommen.
Die aktuellen Diskussionen zeigen, Home-Office ist gekommen um zu bleiben.
Das Home-Office Maßnahmenpakte, das vom Nationalrat beschlossen wurde, bietet für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerinnen einen Unfallschutz, sowie die steuerliche Absetzbarkeit von 300 Euro pro Jahr für belegmäßig nachweisbare Aufwendungen im Home-Office.
Durch die Krise wurden aber auch einige negative Aspekte von Home-Office aufgezeigt. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung geben über 70% der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an, dass ihnen soziale Kontakte im Berufsleben fehlen. Weiter bekritteln viele die unzureichende Infrastruktur zu Hause sowie, dass eine klare Trennung von Beruf und Freizeit oft schwer möglich ist.
Die Zukunft wird deshalb nicht nur klassisches Home-Office, sondern ein eigenständiges mobiles Arbeiten an unterschiedlichen Orten, sein. Die neuen Regelungen für Home-Office gelten in der aktuellen Form jedoch nicht für das dislozierte Arbeiten.
Die AK Vollversammlung fordert den Gesetzgeber und die Bundesregierung auf, die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die im Home-Office Maßnahmenpaket festgelegt wurden, auf disloziertes Arbeiten auszudehnen.
ANTRAG 4
Einführung von degressiven Arbeitslosengeld
Gerade jetzt in der Corona-Krise muss es unser Ziel sein, Langzeitarbeitslose möglichst schnell wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Mit 55% des Nettolohns zahlt Österreich zu Beginn zwar ein vergleichsweise niedriges Arbeitslosengeld, dafür bleibt die Leistung aber selbst bei langem Bezug relativ stabil.
Die Einführung eines degressiven Arbeitslosengeldes hätte für die Arbeitssuchenden viele Vorteile:
- Der finanzielle Absturz fällt moderater aus und ist nicht so schnell Existenzgefährdend
- Stabilere Kaufkraft hält überdies die Wirtschaft kräftiger am Laufen, wovon alle profitieren.
- Die vorgesehenen Kürzungen gelten als Anreiz, in die Arbeitswelt zurückzukehren
Daten des Arbeitsmarktservice (AMS) zeigen überdies, dass ein Gros der Betroffenen die Degression nicht fürchten muss: Im Vorjahr, noch vor Beginn der Corona-Krise, fanden 71 Prozent der Arbeitslosen innerhalb von drei Monaten wieder eine Beschäftigung.
Auch der Arbeitsmarktexperte Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien (IHS), gibt zu bedenken, dass der Anreiz, lang arbeitslos zu bleiben, geringer sei, wenn die Ersatzrate, also Arbeitslosengeld gemessen am letzten Einkommen, niedriger sei.
Die AK Vollversammlung fordert den Gesetzgeber und die Bundesregierung auf, das Arbeitslosengeld degressiv zu gestalten, um jetzt in der Krise die Arbeitssuchenden zu unterstützen und später Anreize zum Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu schaffen.
ANTRAG 5
Ausbeutung der Jugend beenden: Bezahlte Pflichtpraktika im Gesundheits- und Pflegebereich
Über 2.000 Stunden unbezahlte Arbeit während der Ausbildung – das ist in der nunmehr auch akademischen Ausbildung im Gesundheits- und Pflegebereich die harte Realität. Seit 2016 ist die Ausbildung für den höheren Gesundheits- und Pflegebereich akademisiert. In dem 3-jährigen FH-Studium ist über die Hälfte der Ausbildungszeit für Pflichtpraktika vorgesehen. Die praktische Arbeit ist sehr begrüßenswert – jedoch bekommen die Studierenden für die Arbeit in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen keinen Cent bezahlt, im Gegenteil, sie müssen jedes Semester Studienbeitrag bezahlen. Dazu kommen die erschwerte Situation durch Corona in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen und der große Pflegefachkräftemangel.
Während in den traditionellen Krankenpflegeschulen, die Schülerinnen und Schüler zumindest verpflegt wurden und ein kleines Taschengeld bezogen, wird jetzt bei den vorgeschriebenen Praktika der Studierenden, die Jugend mit unbezahlter Arbeit regelrecht ausgebeutet.
Auch bei anderen Ausbildungswegen wie beispielsweise bei Pflegeassistenten in Schulen für Sozialberufe, müssen ebenfalls unbezahlte Pflichtpraktika absolviert werden! Die jungen Studentinnen und Studenten arbeiten genauso wie alle Beschäftigten auch in der Nacht und am Wochenende, dass muss fair entlohnt werden!
Der Pflegeberuf muss attraktiver gemacht werden, das beginnt bereits bei der Ausbildung. Laut der „Pflegepersonal-Bedarfsprognose für Österreich“ im Auftrag des Sozialministeriums werden bis 2030 zusätzlich 75.000 Pflegekräfte in Österreich benötigt. Daher ist alles zu unternehmen um den Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Eine adäquate Bezahlung der Praktikantinnen und Praktikanten ist unumgänglich.
Die AK Vollversammlung fordert den Gesetzgeber und den zuständigen Minister für Gesundheit und Soziales daher auf, den Einstieg in den Pflegeberuf zu erleichtern und die in der Berufsausbildung vorgesehenen Pflichtpraktika künftig mit einer fairen Entlohnung zu vergüten.
ANTRAG 6
Bildungsfreistellung bei „Lehre mit Matura“
Im Rahmen der „Lehre mit Matura“ können Jugendliche parallel zu ihrer Lehrlingsausbildung kostenlos Vorbereitungskurse für die Berufsreifeprüfung absolvieren – je nach Vereinbarung mit ihrem Betrieb in ihrer Freizeit oder während der Arbeitszeit. Die Matura selbst umfasst dann vier Teilprüfungen (Deutsch, Mathematik, lebende Fremdsprache, Fachbereich). Drei der vier Prüfungen können bereits vor der Lehrabschlussprüfung absolviert werden, die letzte darf erst danach stattfinden.
Voraussetzung für den Einstieg ins Programm ist ein gültiger Lehrvertrag. Außerdem müssen ein Aufnahmeverfahren mit verpflichtender Eingangsberatung und Potenzialanalyse sowie eine Eingangsphase mit „Auffrischungskursen“ in Deutsch und Mathematik durchlaufen werden.
Diese Möglichkeit der Berufsausbildung ist ein Erfolgsmodell wodurch sich ein weiterer Bildungsweg nach dem Lehrabschluss für Lehrlinge eröffnet. Das Modell ist aber sehr herausfordernd und etwa 36 Prozent scheiden vorzeitig aus. Als Gründe dafür gaben Lehrlinge eine zu hohe Belastung bzw. Zeitdruck, berufliche Zwänge oder fehlende Motivation an. Die Lehre bleibt davon aber unberührt und kann weiter absolviert werden.
Gerade für junge Menschen ist es enorm belastend, nach ihrer Vollzeitausbildung in Betrieb und Berufsschule dann auch noch am Abend die Vorbereitungskurse für die Matura zu absolvieren. Deshalb sollte gerade für die Prüfungsvorbereitungen ein Anspruch auf Bildungsfreistellung eingeführt werden. Hier sollte es Unterstützung von den Betrieben geben. Insbesondere für die Vorbereitung der Prüfungen, sollte aufgeteilt auf die Lehrzeit ein Zeitkontingent von 14 Tagen an Bildungsfreistellung zur Verfügung stehen. Damit kann die Motivation der Lehrlinge gesteigert werden und die Attraktivität einer Lehre mit Matura stark dazu gewinnen.
Die AK Vollversammlung fordert den Gesetzgeber und die Bundesregierung auf, Lehrlingen in der Variante „Lehre mit Matura“ für die anstehenden Prüfungsvorbereitungen im Verlauf der Lehrzeit eine Bildungsfreistellung im Ausmaß von 14 Tagen zu ermöglichen.
ANTRAG 7
Sicherung der betrieblichen Mitbestimmung und der Arbeitsverfassung
In den letzten Monaten kam es vermehrt zu Problemen bei Neuwahlen von Betriebsräten. Gewisse DienstgeberInnen sind zudem mit noch nie da gewesener Härte gegen die gemäß ArbVG vorgesehene Errichtung der betrieblichen Interessensvertretung vorgegangen. Bei den Gewerkschaften liegen diesbezüglich mehrere Rechtsfälle auf.
Die Erschwerung der Errichtung von Betriebsräten wie wir sie immer häufiger festgestellt haben, stellt einen massiven Eingriff in die Rechte der Arbeitnehmerschaft dar. Vor allem zeigt sich, dass vor allem die EinberuferInnen der Wahl immer wieder Gefahr laufen mit Restriktionen seitens des/der DienstgeberIn konfrontiert zu werden.
Für Betriebräte ist die Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen die zentrale Aufgabe. Durch die im ArbVG verankerte Wahl ist der Kräfteausgleich gegenüber der/dem DienstgeberIn und vor allem die Mitwirkung und Mitbestimmung verankert. Somit sichert erst die Betriebsratswahl die betriebliche Mitbestimmung wie sie in der Arbeitsverfassung vorgesehen ist.
Um die EinberuferInnen vor möglichen negativen Folgen zu bewahren, und somit die Hemmung von gesetzlich vorgesehenen Betriebsratswahlen zu erschweren, ist es sinnvoll den Kündigungsschutz gemäß §120 ArbVG auf sie auszuweiten. Der Schutz sollte angelehnt an die Bestimmung betreffend Wahlvorstände am Tag der Einberufung beginnen und bis zum Ablauf der Frist zur Anfechtung der Wahl gelten.
Die AK Vollversammlung fordert den Gesetzgeber und den zuständigen Bundesminister für Arbeit, Familie und Jugend auf, den Kündigung- und Entlassungsschutz gemäß §120 ArbVG auf EinberuferInnen einer Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes auszuweiten. Der Kündigungs- und Entlassungsschutz soll am Tag der Einberufung beginnen und bis zum Ablauf der Frist zur Anfechtung der Wahl gelten.
ANTRAG 8
Steuerfreie Corona-Prämie auch für 2021
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten in der COVID-19-Krisensituation außergewöhnliches. In vielen Unternehmen, teilweise auch geregelt durch Kollektivvertrag, wurde diese Mehrarbeit von den Arbeitgebern extra entlohnt. Diese Bonuszahlungen und Zulagen wurden befristet bis 31.12.2020, bis zu einem Betrag von EUR 3.000,00 steuerfrei gestellt.
Dabei musste es sich um zusätzliche Zahlungen handeln, die ausschließlich zu diesem Zweck (Mehrleistung auf Grund Corona) geleistet und üblicherweise bisher nicht gewährt wurden. Diese Zahlungen erhöhten nicht das Jahressechstel und werden auch nicht auf das Jahressechstel angerechnet, somit waren diese Bonuszahlungen jedenfalls steuer- und abgabenfrei.
Die Coronapandemie ist noch immer nicht vorbei und für die meisten ArbeitnehmerInnen konnte der Normalbetrieb im Unternehmen nicht einkehren. Daher sollte die Begünstigung für die Auszahlung einer Corona-Prämie auch für das Jahr 2021 verlängert werden.
Um die steuerfreie Auszahlung von Corona-Prämien nicht zu einem Privileg für besserverdienende zu gestalten, wäre eine Deckelung mit € 1.000,00 anzustreben. Die Corona-Prämien für DurchschnittsverdienerInnen lagen in der Regel bei ca. € 300,00 bis € 500,00.
Die AK Vollversammlung fordert den Gesetzgeber und den zuständigen Bundesminister für Finanzen auf, die im Jahr 2020 eingeführte steuerfreie Auszahlung von Corona-Prämien auch für das Jahr 2021 zu ermöglichen.